Allgemein

Analoge Fotografie

 

Technisch gesehen macht es eigentlich keinen Sinn sich aktuell noch mit der analogen Fotografie zu beschäftigen, man kann mit digitalen Kameras alles analoge simulieren, umgekehrt geht das eher nicht.
Eine Sonderstellung haben natürlich Fachkameras mit ihren diversen Verstellmöglichkeiten, aber auch diese Verstellmöglichkeiten sind bedingt auf verschiedenen Wegen digital umsetzbar.

Bevor jetzt aber der ein oder andere sagt, „Moment mal…“ will ich gleich einlenken und darauf hinweisen das es in diesem Beitrag nicht ums den Vergleich der Aufnahme-Qualität geht. 

Wer sich heute für die analoge Fotografie entscheidet, hat andere Gründe als die Bildqualität, oft ist der Entstehungsprozess, und/oder die „Bildanmutung“.

Deutlich erkennbar ist das ansteigende Interesse an der Analog-Fotografie anhand steigender Youtube-Kanäle, welche sich mit der Thematik beschäftigen. Unterstrichen wird das dann noch durch die steigende Zahl an Abonnenten dieser Kanäle.

Es sind zum einen viele junge Menschen, welche nach 2000 mit der digitalen Fotografie aufgewachsen sind und die analoge Fotografie als Experiment entdecken. Kameras aus dem Keller oder Flohmarkt werden verwendet. Hier geht es oft nicht um Bildqualität, sondern mit einfachsten Kameras und Linsen werden falsch-, oder überlagerte Filme belichtet und experimentell entwickelt bis man ein “besonderes” Ergebnis auf das Papier bekommt.

Neben weiteren Gruppen, wie z.B. die “Digitalverweigerer” gibt es aber auch die Wiedereinsteiger die aus verschiedenen Gründen sich wieder mit der analogen Fotografie beschäftigen wollen.
Meiner Beobachtung nach ist es aber für die meisten das “entschleunigte” Fotografieren. Die persönliche “Wertigkeit” des einzelnen Bildes, welche erst durch den gesamten Entstehungsprozess erreicht wird. Beginnend mit gezielten Motivauswahl, der richtigen Belichtungsmessung und der Prozess der Entwicklung, bei der es dann mehrere Wege gibt.

Hält man sich vor Augen, das z.B. ein 120er Rollfilm um die ‘plus/minus’ 6 Euro kostet und dann ca. 12 Bilder hergibt, will jeder Schuss gut überlegt sein. Ob die Aufnahme dann wirklich was geworden ist, sieht man dann erst nach der Entwicklung.
Eine Übersättigung an Automatismen der Kameras oder der Bearbeitungssoftware, welche sogar automatisch Himmel austauscht entspricht bei vielen nicht mehr der Fotografie, welche ursprünglich als Hobby gewählt wurde. 

Bevor ich weiter über die möglichen Absichten anderer spekuliere, folgen hier meine Gedanken für einen Selbstversuch nach einer langen digitalen Zeit, wieder (parallel zu digital) mit Analog zu arbeiten.

 

Damals.

1978 kaufte ich mir meine erste Kleinbild SLR (Yashica FR1) nebst 50mm Objektiv und gleich kurze Zeit später folgte mein eigenes SW Labor. Da ich damals auch beruflich im fotografischen Bereich tätig war, hatte ich die Möglichkeit  diverse Kameras und Systeme auszuprobieren. Auf der Suche nach mehr Details in meinen Negativen, folgte die erste Mittelformatkamera, eine gebrauchte Zenza-Bronica S2a.  Von da an blieb ich weitgehend beim Mittelformat und besaß im Laufe der Jahre viele MF Systeme.
Ziel war immer, aus der Aufnahme und der Entwicklung das bestmögliche herauszuholen, immer im Kampf gegen Staub, Kratzer und andere Widrigkeiten.

Im Jahr 2003 war tatsächlich der Kauf einer lang gewünschten Hasselblad 500cm geplant, aber Canon stellte im gleichen Jahr mit der EOS 300D, die erste für mich bezahlbare DSLR vor, die ich mir dann auch gleich kaufte. Endlich kein Staub, keine Kratzer mehr auf Negativen, falsch belichtete Bilder wurden sofort wiederholt  und alles konnte man sich am PC Ansehen und per Bildbearbeitung korrigieren/manipulieren. 

In den kommenden Jahren wechselten bei mir die Systeme und die digitale Fotografie wurde immer einfacher, immer perfekter. Auch die Software nimmt auf Knopfdruck viele kreative Eigenleistung ab.

Ich mag die digitale Fotografie und werde sie weiterhin vorrangig nutzen. Ich vermisse aber eben auch den Weg wie seinerzeit ein Bild entstand. Vieles blieb ungewiss und hochspannend, bis man endlich nach konzentrierter Arbeit mit Filmdose und Chemikalien, den entwickelten Negativstreifen aus der Entwicklungsdose nehmen konnte.

 

Mein geplanter Weg.

Meine Wahl kann Heute nur auf eine analoge Mittelformatkamera fallen, da nur dieses noch mobil einsetzbare Format, eine “Auflösung” bietet, die noch annähernd mit diversen digitalen Systemen mithalten kann, Kleinbildfilm kommt daher für mich derzeit nicht in Frage, Großformat ist mir für unterwegs zu statisch.

Der Gebrauchtmarkt bietet sehr viele analoge Kameras. Die schon damals, wertigen Systeme sind in den letzten Jahren preislich wieder deutlich angestiegen. Oft sind es auch bekannte “analog” Youtuber, die über ein System berichten und dann dessen steigende Preise anschließend auf den entsprechenden Plattformen zu beobachten sind.
Derzeit ist ein kleiner Hype auf Hasselblad zu beobachten. Die 500c(m) ist ein sehr hochwertiges, mechanisches Gehäuse mit ebenso hochwertigen Zeiss Linsen. Wer aber gleiche Bildqualität preiswerter erwerben möchte, darf sich das einäugige Rolleiflex-System 6000 ansehen. Beginnend mit der sehr günstig zu bekommenden SLX über 6002, 6006 und auch 6008. Das Standard-Objektiv ist auch in diesem System, wie im Hasselblad System ein 80er Planar und bringt die gleiche Abbildungsleistung wie bei Hasselblad. Ich habe mich für dieses System entschieden. 

Ich werde auf jeden Fall wieder mit SW Film arbeiten, da ich hier die Negative auch selber Zuhause entwickeln kann. Im übrigen kann ich wirklich jedem den Weg nahelegen, SW Negative selbst zu entwickeln. Der Platzbedarf sowie das Equipment in sehr gering, das notwendige Wissen überschaubar. Jeder hat so die Möglichkeit, nach dem shooting die Negative kurzfristig zu prüfen.
Bei der Positiventwicklung sieht das schon anders aus, hier benötigt man deutlich mehr Platz, Material und Gerätschaften.

Ich werde meine negative digitalisieren und anschließend in der digitalen Bildbearbeitung ‘positiv’ Entwickeln und Drucken.

 

Es geht los.

Wie im ersten Teil schon angekündigt, habe ich mir diverse Komponenten des Rolleiflex 6000er Systems zugelegt. Eine SLX hatte ich in der Vergangenheit schon mehrmals.

Im Fachhandel (FOTO-IMPEX) habe ich mir das “Mindest-Equipment” für die Negativ-Entwicklung zugelegt. Perceptol-Entwickler, Adox-Fixierer, Adox-Stoppbad, zwei Flaschen für den angesetzten Entwickler und Fixierer, ein Thermometer. Messbecher, mehrere Mensuren und ein paar Klammern um den Film zum trocknen aufzuhängen hatte ich noch.##BILD LABOR##
Eine Entwicklungsdose JOBO 1520 hatte ich mir schon vorher über Kleinanzeigen besorgt. Was ich noch per Zufall bekommen habe, war ein “Wechselkasten” zum einlegen des Films in die Entwicklungsdose bei totaler Dunkelheit, ansonsten wäre mir nur der Kauf eines Wechselsacks geblieben. Der Kasten war früher Bestandteil einer Fuji-Frontier Entwicklungs-Maschine.##BILD FUJI##

Mein erster analoger Foto-Tag war ein verschneiter Tag. Trotz des eingebauten Belichtungsmessers in der SLX, wollte ich meinen Gossen Handbelichtungsmesser (Profisix) mitnehmen, leider war die Batterie alle und ich durfte mich komplett auf die Belichtungsmessung der Kamera verlassen.
Den Film, einen Ilford FP4 einzulegen war für mich kein Thema, ist aber bei der Kamera auch sehr einfach. Das spiegelverkehrte fokussieren über Lichtschacht war mir ja bekannt, aber nach all den Jahren doch sehr ungewohnt.##BLICK LICHTSCHACHT, GOSSEN##

Ich hab bei einer kleinen Runde, drei Motive eingesammelt und der Film mit 12 Bildern war dann auch schon voll. Zuhause habe ich dann den belichteten Film und die JOBO-Dose in den Wechselkasten gelegt und mit dem einfädeln angefangen. Im dunkeln habe ich die Ecken des Films mit einer Schere angeschnitten um das einfädeln zu vereinfachen, leider habe ich zu viel angeschrägt und dadurch das Gegenteil erreicht.##SPIRALE##
Als nächstes habe ich den Perceptol Entwickler nach Anleitung angesetzt. Das ist recht einfach, zwei verschiedene Pulver werden nacheinander mit 40° Wasser nacheinander verrührt, danach muss der Ansatz auf eine sinnvolle Arbeitstemperatur von ca. 20° runterkühlen.

Ich verwende den Entwickler im 1+3 Ansatz als einmal Entwickler. Für das Berechnen der Entwicklungszeiten benutze ich eine Entwicklungs-App.##BILD APP## Hier kann ich den Film-Typ, die belichtete Empfindlichkeit, die Temperatur sowie den Bewegungs-Rhythmus eingeben. Ich bewege die Dose in den ersten 30 Sekunden dauerhaft, danach nach jeder Minute für 10 Sekunden.  Der Entwickler wurde jetzt in 1+3 im Messbecher bei 20°angesetzt und nach starten der Handy-App in die Dose eingefüllt und wie eben beschrieben bewegt.
In den Bewegungspausen habe ich Zeit, das Stopbad mit 1+19 anzusetzen und den Fixierer.

Der ganze Prozess findet bei mir Zuhause in der Badewanne statt, so kann ich anschließend auch gleich alles gründlich ausspülen.##BILD LABOR BADEWANNE##

Nach den nun ca. 20 min Entwicklungszeit wird der Entwickler in eine leere Flasche für die spätere Entsorgung umgefüllt. Anschließend mit dem Stoppbad der Entwicklungsprozess gestoppt.. Wichtig ist, das alle Flüssigkeiten die annähernd gleiche Temperatur haben, da sonst das sog. Runzelkorn entstehen könnte. Das Stoppbad, welches nur aus verdünnter Essigsäure besteht wird nach 10sek. wieder entsorgt. Das anschließende einfüllen des Entwicklers ist dann nicht ganz so zeitproblematisch. Einfüllen, kurz Dose aufschlagen wegen der Luftblasen und dann für ca. 6min stehen lassen (je nach verwendetem Film). Der Fixierer ist mehrfach verwendbar und wird anschließend wieder in die Flasche gefüllt. Anzahl der Verwendungen merken bis der Fixierer aufgebraucht ist. Jetzt kann die Dose geöffnet werden um den Film ausgiebig zu wässern (Ilford Methode) Ich dreh und bewege die Spule und wechsle oft das Wasser ..bis zu acht mal. In die letzte Spülung kommt ein Tropfen Spülmittel. Das verhindert Kalktropfen und lässt den Film geschmeidiger abtropfen und trocknen. Der Film wird dann aus der Spule genommen und mit irgendwelchen klammern zum trocknen aufgehängt. Wenn der Film dann trocken ist geht es weiter ins Positiv-Labor, also Lightroom..##TROCKNENDER FILM##

 

Erste Filme und Allgemeine Beobachtungen.

Nach gut 18 Jahren digitaler Fotografie, ist das analoge Fotografieren ist erstmal wieder komplett anders. Es sitzt zwangsläufig im Unterbewusstsein, das man pro eingelegtem Film – wie bei mir z.B. – nur 12 Aufnahmen machen kann und jeder SW koste ca. 6-7 Euro zuzüglich der noch folgenden Entwicklungskosten. Die folge daraus ist ein akkurateres arbeiten in allen Punkten wie Motivauswahl, Bildausschnitt, Belichtung.
Gerade bei dem Thema Belichtung merkt man, das sorgfältiges Arbeiten notwendig ist und eben auch das Wissen wie und wo am besten misst, den eine sofortige Kontrolle wie bei der Digitalfotografie ist nicht gegeben und Belichtungsreihen überlegt man sich auch.

Ja, die Spannung ist wieder zu spüren ob alles so auf der Filmspule ist wie man sich das vorgestellt hat.

Weitere Filme wurden belichtet, überwiegend Nachts, was an der aktuellen Situation als auch an der Jahreszeit liegt, also alles Stativfotos mit ISO 100 Filmmaterial.
Bei der anschließenden Negativentwicklung durfte ich trotz einiger Erfahrung einige Rückschläge erfahren. So war ein Film war nach der Entwicklung streifig, ein anderer aufgrund falsch gemessener Entwickler-Temperatur völlig falsch entwickelt, auch beim Fixieren von Flachkristallfilmen, durfte ich neue Erkenntnisse gewinnen. Mit korrigierten Parametern wurden die nachfolgenden Filme dafür umso besser.
Die anschließend gescannten Negative werden bei mir in LR weiter bearbeitet, korrigiert, entfleckt und dergleichen. Wie damals möchte ich ein maximal hochwertiges Ergebnis erhalten.

 

Die Anderen.

Auffällig ist, das Youtube-Kanäle zur analogen Fotografie und dessen Abbonenten weiter zunehmen.
Beobachten kann ich aber auch, das die wirklich wertige Analog-Fotografie dann doch garnicht so häufig präsentiert wird.

Kratzer und Staub werden nicht entfernt, oft glaubt man wohl das diese Makel zur Analog-Fotografie dazugehören. Oft wird vergessen das bis ca. 2002 alles Professionelle Bildmaterial in Zeitschriften und werbung analog produziert wurde in exzellenter Qualität.

Auch fallen aktuell die weiterhin steigenden Preise bei der wertigen Analogtechnik auf, was auch logisch ist. Es werden ja nicht “mehr” Kameras, sondern eher weniger. Schlimm wird auch das Angebot an “verbastelten” Kameras die wieder in der Bucht landen, nachdem ein Reparaturversuch gescheitert ist.

Analog zu fotografieren ist aus technischer Sicht nicht nicht notwendig. Hilfreich für ein selber ist es in jedem fall für ein pers. “reset”.
wieder mehr zeit lassen bei der Motivauswahl. konzentrierter arbeiten. Analoges Denken in der Digitalfotografie.

 

Werde ich analog weitermachen?

Ich lasse mir alles offen. Digital gibt mir aber mehr Sicherheit.

Wird fortgesetzt  8.5.2021

 

 

 

 

 

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